Etwas merkwürdig, oder? Warum das gar nicht so weit hergeholt ist, erläutere ich mit folgendem Vergleich. Ähnlich explosionsartig wie der Einsatz von ChatGPT steigt, so massiv vermehrt sich der Bestand an leichten Elektromotorrädern.
Die Geschwindigkeit der sogenannten „E-Bike“ oder „Pedelec“ lässt sich sehr einfach durch sanfte Kreisbewegungen der Beine mit einer Kurbel steuern. Etliche dieser schnittigen Modelle sind inzwischen so geschickt konstruiert, dass es kaum möglich ist, sie auf den ersten Blick als Motorfahrzeuge zu erkennen.
Wer mit so einem Gerät unterwegs ist, mühelos an all jenen vorbeizieht, die sich ächzend und stöhnend gegen den Wind stemmen, mag das Gefühl entwickeln, er sei topfit. Strecke machen, ach, wie wunderbar leicht ist das Fahrradfahren! Stimmt das wirklich? Ich meine nein. Tatsächlich macht der Fahrer nicht viel mehr als ein Autolenker, der aufs Gaspedal drückt.
Genauso mühelos lassen sich mit ChatGPT Artikel schreiben. Einfach den KI-basierten Textgenerator mit ein paar Schlagworten füttern, schwupps, schon ist er da, der ersehnte Beitrag. Wohlformulierte, fein durchdachte Zeilen verfassen, ach, wie leicht geht das von der Hand! Doch tatsächlich hat der Autor kaum mehr vollbracht als nur die Maus geschubst. Verblüffend, dass die automatisch generierten Texte auf den ersten Blick kaum als Ergebnis eines ausgetüftelten Algorithmus zu erkennen sind. Kurzum, KI und E-Bike haben was gemeinsam. Beide sind verführerische Mogelpackungen.
Da ächze und stöhne ich doch lieber beim Radfahren, stemme mich gegen den Wind und arbeite mich am Berg ab. Denn am Ziel spüre ich zufrieden, dass es meine Muskeln waren, mit denen ich gefahren bin, nicht ein Motor.
Schreiben tue ich wie Fahrradfahren. Lieber ächze und stöhne ich, wenn ich über irgendein Thema brüte, das verwörtert werden soll. Die Mühe lohnt. Spätestens wenn der Knoten im Kopf geplatzt ist, dann spüre ich, wie die Finger fliegen. Dann klappern die Tasten, bis der Text allmählich Gestalt annimmt. Hier noch ein Wort hinzu, da noch eines weg. Und irgendwann ist es gut.
Zwar bin ich zeichnerisch ziemlich unbegabt Maler, kann mir aber gut vorstellen, wie ein Künstler prüfenden Blickes und mit feinen Pinselstrichen so lange an seinem Gemälde arbeitet, bis er sich schließlich zufrieden zurücklehnt. Wie das fertige Bild den Maler, so schaut mein Text mich irgendwann vertraut an, wenn er fertig ist. Ganz deutlich zu spüren; ja, das ist meiner.
Dieses Gefühl der Zufriedenheit kann mir kein KI-Textgenerator der Welt geben. Und falls ich mal was lesen möchte, was andere sich ausgedacht haben, dann schmökere ich lieber in einem guten Buch. Und ich gebs ja zu. Manchmal bin auch gerne motorisiert auf zwei Rädern unterwegs.
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