Rolle rückwärts. Oder vorwärts? Kommt drauf an. Außerdem in diesem Beitrag: “Klappern gehört zum Handwerk.” Und was das eine mit dem anderen zu tun hat, erzähle ich in der folgenden Geschichte.
Doch der Reihe nach. Frühjahr 2017. Meine Frau und ich planen einen Umzug, der unser letzter werden sollte. Die zehn bis fünfzehn Jahre bis zur Rente, die in Sachen Erwerbsleben noch vor uns lagen, wollten wir in einem christlichen Missionswerk arbeiten. Meine Frau im Gästebereich, ich als Holzfäller im Winter, als Landschaftspfleger im Sommer. In einem beliebten Freizeitheim, das die Missionsgesellschaft seit mehr als vierzig Jahren erfolgreich betreibt.
Zuvor hieß es allmählich Abschied nehmen von der vertrauten Doppelhaushälfte, der geliebten Terrasse und dem kleinen Garten, anfreunden mit dem Gedanken, künftig in einer Wohnung zu leben, die sehr in die Jahre gekommen war. Da wir uns für diesen vollzeitlichen Dienst berufen sahen, fiel uns diese Vorstellung jedoch leicht. Schwer dagegen fiel mir der Gedanke, mich verabschieden zu müssen von meinen Kollegen und der Firma, bei der ich viele Jahre als Versuchstechniker gearbeitet hatte.
Lange vor dem Umzug war klar, dass wir unseren Hausstand enorm verkleinern mussten. Weit mehr als einhundert Umzugskartons wären sonst zusammengekommen, optimistisch geschätzt. Vom Babystrampler des ersten Kindes, über bunte Legokisten bis hin zu reichlich Küchenutensilien, dazu jede Menge Krimskrams, der sich so ansammelt, und natürlich Bücher, bibliotheksähnlicher Lesestoff ohne Ende. Wohin bloß mit all dem Zeug?
Abspecken war angesagt. So ziemliches alles, was wir über die Jahre gehortet hatten, musste auf den Prüfstand. Ein Projekt, das sich Wochen, besser Monate, hinzog. In staubigen Kisten stöbern, verschenken, bei ebay verticken, oder, schweren Herzens, wegwerfen, Aschenputtel ähnlich, die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen. Viele kleine Abschiede waren das. Die so manches Mal tief ins Herz trafen. Etwa wenn wir uns von unzähligen Bildern trennten, die einst Sohn oder Tochter im Kindergarten gekritzelt und dann voller Freude strahlend zu Hause präsentiert hatten.
Eine Kiste voller Erinnerungen
Eines Abends stieß ich auf eine längst vergessene Kiste, in der ein dicker Stapel Belegexemplare schlummerte. Eine bunte Auswahl an Geschichten, die ich geschrieben hatte, als Redakteur für Fachzeitschriften, oder als freier Mitarbeiter für die Lokalzeitung. Ein dicker Packen an Nachrichten, Reportagen, Porträts, Interviews, Reportagen und einiges mehr.
Die meisten zeigten sich längst vergilbt, datieren sie doch zurück ins zwanzigste Jahrhundert. Leise, doch fest entschlossen stapfte ich mit dem Packen Papier zur Tonne, um all jene Erinnerungen mir nichts dir nichts verschwinden zu lassen. Andenken an einen längst vergessen geglaubten Berufsalltag, der abwechslungsreich, spannend und manchmal auch stressig war, wollte ich die einfach so über Bord kippen. Etwas wehmütig zwar, doch meine Motivation stand fest: die brauche ich nie wieder.
Zeitsprung in die Gegenwart. Dankbar zurückblicken dürfen meine Frau und ich heute auf erlebnisreiche und erfüllte Jahre im Missionswerk. Ende 2021 zeichnete sich jedoch immer deutlicher ab, dass ich wegen gesundheitlicher Einschränkungen die schwere körperliche Arbeit im Missionswerk nicht mehr leisten konnte, und auch künftig nicht mehr würde leisten können.
Daher weiß ich sehr zu schätzen, dass ich inzwischen die Gelegenheit habe, an einer beruflichen Rehabilitationsmaßnahme teilnehmen zu dürfen. Ziel: trotz gesundheitlicher Einschränkungen wieder Fuß zu fassen auf dem ersten Arbeitsmarkt.
Kleine Notiz am Rand. Keiner will es zugeben, doch hinter vorgehaltener Hand ist klar, dass die Sache mit dem Fachkräftemangel in einem völlig anderen Licht erscheint, wenn das Lebensalter zur Sprache kommt. Ernüchternd zwar, doch entmutigen lasse ich mich dadurch nicht.
Den beruflichen Wiedereinstieg im Blick
Dankbar bin ich für die wertvolle Begleitung, die ich bislang in der Reha erfahren durfte. So bot sie mir geeignete Rahmenbedingungen, in denen ich mich im ersten Praktikum in WordPress einarbeiten durfte das Projekt technisch, gestalterisch und redaktionell erfolgreich auf den Weg bringen konnte. Von da an konnte ich mir gut vorstellen, im Website-Building oder Online-Redaktion noch mal durchzustarten. Kaum war die Website für ack-sh.de fertig, gefiel mir zusehends die Vorstellung, ein ähnliches Praktikum folgen zu lassen. Dieses Mal mit stärkerem Fokus auf redaktionelle Inhalte.
Kurz darauf griff ich zum Telefonhörer, wollte erkunden, welche Online-Redaktion oder Webdesign-Schmiede mir entsprechendes Vorpraktikum ermöglichen könnte. Zwei oder drei Anrufe waren nötig, um dann von einer netten Stimme am anderen der Leitung zu hören: “Klingt interessant. Schicken Sie bitte ein paar Arbeitsproben.”
Peinlich. Wie war das im Frühjahr 2017? Was war meine felsenfeste Überzeugung, als ich alle Belegexemplare in die Tonne gekloppt hatte? “Brauch ich nie wieder”. Weit gefehlt. Und dumm gelaufen. Nun wären sie nützlich. Äußerst verärgert über mich selbst, kehrte ich an diesem Abend zurück nach Hause. Vermutlich bin ich dabei gleich mit der Tür ins Haus gefallen. Die Enttäuschung über mein vorschnelles Handeln war zu groß. Sie war das Erste, was ich meiner Frau offenbarte.
Doch dann, welch freudige Überraschung! Meine Frau hatte damals mehr Weitsicht bewiesen als ich und einige Belegexemplar gerettet. “Ich konnte einfach nicht alle wegwerfen”, gestand sie mir, “das war doch dein Leben, daher habe ich ein paar Sachen aufgehoben.” Sie musste selber lange kramen, bis sie die wenigen Zeitungsausschnitte irgendwo ausgebuddelt hatte. Rolle rückwärts geglückt. Gut gemacht, liebe Ehefrau!
Jetzt kommt der Werbeblock. Klapperig im engeren sind die Tasten meines betagten Macbooks zwar nicht, doch als Schreiberling liebe ich es, Geschichten in die Tastatur zu hämmern. Und da das Klappern im sprichwörtlichen Sinne zum Handwerk jedes Texters gehört, bin ich froh, hier nun ein paar Arbeitsproben als persönliche Referenzen vorstellen zu können. Bereit für Rolle vorwärts.
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